Orientation Days in Kyangwali


Die Türen knallen. Lautsprechermusik und Gesang. Ich wache auf und gucke auf die Uhr: 6.00 Uhr morgens.

Ich versuche weiter zu schlafen, aber so richtig klappt das mit der Musik nicht. Sie ist zwar nur im Garten, aber fast direkt vor meinem Fenster und die Wände sind dünn. Ein, zwei Stunden später ist es hell und ich frage mich, wie viele Besucher bitte in unserem Garten sind, so laut, wie man sie reden hört. Als ich mich allerdings zum Aufstehen aufraffe und rausgucke, ist nur Mitbewohner Lucky beim Geschirrspülen und Wäsche waschen zu sehen, sonst ist der Garten leer. Das ist der Moment, in dem mir aufgeht, dass das ganze Dorf schon auf den Beinen ist und sich das Refugee Settlement am Tag so anhört. Später stellte sich auch heraus, warum morgens so viele Leute direkt am Guesthouse vorbeilaufen: Hier verläuft der Weg zur nächsten Wasserstelle, einer Pumpe, von dem auch wir unser Wasser herkriegen.

Viel Zeit zum Ausruhen blieb uns auch an den ersten drei Tagen im Kyangwali Refugee Settlement nicht (ich werde ab jetzt nur noch Kyangwali sagen, obwohl das nicht stimmt, weil das Refugee Settlement nur ein Teil von Kyangwali ist). Wir kamen nämlich in den Genuss eines weiteren dreitägigen Seminars zur Einführung. Eigentlich ist das anscheinend für alle Projekte vorgeschrieben, aber unsere Mentoren waren die einzigen, die das tatsächlich ernst nehmen und ein richtiges Seminar entworfen haben.

Gegen 9.00 Uhr kamen wir also an der P4T School an, wo voraussichtlich der Großteil unserer Freiwilligenarbeit stattfinden wird. Als erstes haben wir uns im Büro des Schulleiters vorgestellt, dann haben wir als Freiwillige ein große Begrüßung bekommen. Wir wurden fast wie Ehrengäste behandelt, was mir allerding ein bisschen unangenehm war, besonders weil wir nichts getan haben, um diese Behandlung zu verdienen. Trotzdem war es natürlich auch schön, als die ganze Schule für uns gesungen hat, die Lehrer sich einzeln vorgestellt haben und wir uns auch noch vorgestellt haben.

Nach der offiziellen Begrüßung sind wir ins Lehrerzimmer gegangen und alle Lehrer und Mitarbeiter haben sich noch einmal detailreich vorgestellt, was ziemlich lange gedauert hat. Damit hatte das Seminar auch schon begonnen.

Ab da waren wir jeden Tag von Morgens bis Nachmittags in der Schule. Am ersten Tag, Freitag, waren Schüler da, aber samstags und sonntags natürlich nicht – die Lehrer haben ihr Wochenende für unsere Orientation Days geopfert. In diesen Tagen haben wir über alles Mögliche geredet. Um nur ein paar Themen aufzulisten: Die Erwartungen der Lehrer, unsere Erwartungen und unsere Motivation, Essen in Uganda, kulturelle Unterschiede zwischen Uganda und Deutschland, dos und don’ts, Krankheiten, die Entstehung von P4T und P4T Primary School, die Struktur von P4T und so weiter.

Man hat gemerkt, wie sehr unsere Mentoren ihr Seminar an das Kolping-Seminar angelehnt haben und wie viel Mühe sie sich gegeben haben: Zum Beispiel haben sie die vielen „Energizer“ aus dem Kolping-Seminar übernommen, das heißt, ab und zu sind wir aufgestanden und haben verschiedene alberne Spiele gespielt oder Tänze getanzt, meistens Sachen, die sie immer mit ihren Schülern machen. Alle Kinder, die zufällig vorbeikamen, waren deshalb ganz fasziniert, ihre Lehrer unter sich Kinderspiele spielen zu sehen.

Auch das Essen kam in diesen Tagen nicht zu kurz, denn wir hatten immer ordentlich Frühstück und Mittagessen, und alle haben sich gewundert warum ich so wenig esse, weil hier Monsterportionen die Norm sind. Jetzt bin ich schon als „nda-ntoya“ abgestempelt, also „kleiner Magen“. Trotz der „kleinen“ Portionen ist uns das Essen allerdings nicht so gut bekommen, auch wenn es meistens lecker war. Am Freitag war ich deshalb krank, und anscheinend haben die meisten angenommen, dass ich schwanger bin, weil das hier der häufigste Grund ist, dass einer Frau schlecht wird – zumindest hat das mein Mentor Hamid erzählt. Alle waren allerdings sehr besorgt und haben mich dazu gedrängt – wie könnte es anders sein – doch bitte etwas zu essen, aber das musste ich dann ablehnen. Leider konnte man hier so etwas wie Salzstangen nicht auftreiben, aber Bananen haben es dann auch getan und am nächsten Tag ging es mir auch schon wieder besser. Mägen so empfindlich wie unsere gab es in Kyangwali bisher selten, weshalb sie uns auch ohne Bedenken ziemlich oft Posho gegeben haben (ein Gericht, das aus Maismehl gemacht wird und gerne mit Bohnen gegessen wird), obwohl zu viel davon sogar Einheimischen schwer im Magen liegen kann.

Die Tage nach den Orientation Days waren auch schön, weil wir endlich ein bisschen Zeit zum runterkommen und ausruhen hatten. Ab dem dritten Tag allerdings fingen wir an, uns ein wenig zu langweilen, weil gerade Schulferien angefangen haben und es deshalb in der Schule nichts zu tun gibt. Ein bisschen Helfen konnten wir noch beim Sortieren von den End of Term Exams, aber dann war in der Schule endgültig nichts mehr los, abgesehen von der Zeugnisvergabe, die ich verpasst habe, weil ich ja krank war – da kamen mir die freien Tage doch ganz recht.

Ein interessantes Erlebnis, das wir noch hatten, war das erste Wasserholen. Mal abgesehen davon, dass einem jedes Mal von Neuem bewusst wird, wie anstrengend es ist, auch nur 10 Liter Wasser über einen kurzen Weg zu schleppen, gibt es einem auch zu denken, wenn man sieht, wie Leute für sauberes Wasser anstehen müssen und zu Stoßzeiten zwei bis drei Stunden warten müssen, bis sie an der Reihe sind. Im Vergleich dazu merkt man einmal mehr, wie gedankenlos wir in Deutschland mit unserem Wasser umgehen, weil wir ja einfach nur den Hahn aufdrehen müssen. Wenn man Glück hat, kann man auch vorgelassen werden, wenn man für ein paar Leute die Pumpe betätigt – oder aber man macht es wie wir und ist einfach weiß. Ein ganz seltsames Gefühl, nur wegen seiner Hautfarbe immer und immer wieder auf ein Podest gestellt zu werden. Als ich dann an der Pumpe stand, wurde ich ziemlich angestarrt, und zusätzlich dazu hat mich Joel noch gefilmt, aber zum Glück war ich schnell fertig.

So, das war es erstmal von mir, auch wenn es eigentlich noch so viel zu erzählen gibt. Viel Arbeit gab es bisher noch nicht, aber das wird sich hoffentlich bald ändern, spätestens, wenn die Schule wieder anfängt.

Bis dann!
Headmaster's office

Duschen mit Aussicht

Seminartage mit P4T

Mercy, Baby Rayhana und Hamid beim Kochbananen schälen

Ich versuche Eier zu braten

Das Lehrerzimmer

Die stellvertretende Schulleiterin Joyce und der Sohn des Schulleiters bei einer Seminarpause

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